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Fakten und Kommentare zum Zeitgeschehen

DIE ZUKUNFT DER E-MOBILITÄT

Professor Jörg Wellnitz von der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und Entwickler von Wasserstoffantrieben hat sich jüngst mit vielen Aspekten des aktuellen Trends zur E-Mobilität im Straßenverkehr auseinandergesetzt. Hier sein Pro und Contra:

E-Autos können und werden nicht einen so großen und langfristigen Erfolg haben, wie von der Industrie und der Politik prognostiziert, postuliert Wellnitz. In der breiten Öffentlichkeit sei die E-Mobilität zwar eine tolle und reizvolle Sache. Sie mache aber keinen klimarelevanten Sinn, wenn man die Vor- und Nachteile gegeneinander abwäge. Immerhin ist der traditionelle Autoverkehr mit Benzin- und Dieselmotoren für gerade mal nur sechzehn Prozent klimaschädlicher Emissionen verantwortlich. Belastender fürs Klima seien da die Massentierhaltung und die landwirtschaftlichen Monokulturen –  „von den großen Containerschiffen auf den Weltmeeren ganz zu schweigen“, so der Professor.  Dreihundertdreißig dieser Schiffe, die überwiegend von Schweröl mit schmutzigen und giftigen Abgasen angetrieben werden, gebe es bereits auf unserem Globus. „Allein fünfzehn dieser Dreckschleuder produzieren während der Fahrt schon so viel Kohlendioxid wie 750 Millionen Autos zusammen.“ Hinzu kommen die schädlichen Emissionen des intensiven Flugverkehrs und die Abgase und Feinstaubemissionen der wachsenden Flotte an Kreuzfahrtschiffen.

0l Wasserstoffbetriebenes Modellauto

Professor Jörg Wellnitz an einem Rennwagen mit Wasserstoffantrieb

Für Wellnitz ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis die staatlichen Kaufprämien für E-Autos wegfallen und der Strom zum Aufladen der Akkus einer bald Millionen Einheiten zählenden E-Mobilflotte ebenso besteuert wird wie derzeit Benzin oder Diesel. Außerdem werde der Strom erst zu 40 Prozent ökologisch produziert. 60 Prozent stammen immer noch  aus nicht erneuerbaren Quellen wie Kohle, Gas und Öl und aus Kernkraft.

Natürlich wisse die Autoindustrie dies alles, so Wellnitz.  Aber ihr gehe es weder um die Umwelt, noch um die Interessen ihrer Kunden, sondern nur ums Geld. Wenn beispielsweise Volkswagen, BMW und Daimler Milliarden in die neue E-Technologie pumpen, dann winken Milliarden Euro an Fördergeldern aus EU-Kassen. Überdies bewahrt der Absatz von vielen E-Autos große Hersteller vor Strafzahlungen wegen des Nichterreichens der europäischen Klimaziele. Denn mit sogenannten Zero-Emissionsmodellen, also mit E- und LNG-Autos, können die Hersteller mit einen klugen Flottenmix den Durchschnitt der Emissionswerte aller ihrer Fahrzeuge rechnerisch nach unten drücken.

Selbstredend geht es der Branche auch um ihr Markenimage, um ein grünes Mäntelchen für Politik und Öffentlichkeit und um Technologiekontrolle,  ergänzt Wellnitz. Doch man baue E-Autos im Wissen, dass diese alles andere als die automobile Zukunft seien. „Sie zu machen ist nur billiger, als sie nicht zu machen“, so ein Automanager achselzuckend. Denn die Produktion eines E-Mobils ist wegen seiner wenigen Bauteile kostengünstiger als die Herstellung eines klassischen Verbrenners. Der E-Hype hilft der Branche zudem, noch mehr Autos zu verkaufen. Weltweit rollen bereits 1,6 Milliarden Fahrzeuge auf unseren Straßen, und jährlich werden es 80 Millionen mehr. E-Autos sind für die Hersteller kein Ersatz für Verbrenner, sondern ein Zusatzgeschäft, um noch mehr Autos als Zweit- oder Drittwagen auf die bereits überfüllten Straßen zu bringen.

ZOE 400 vor Enwor-Ladestelle

Ein Renault ZOE beim Laden

Der E-Hype stößt indes dort an Grenzen und schafft Nachteile, wo es um die benötigten Rohstoffe für die Akkus geht. Der Abbau von Lithium in Chile und von Kobalt in Zentralafrika geschieht nicht nur extrem umweltschädlich sondern teilweise auch durch Kinderhände. Und  würde Audi seinen Wagentyp A4 in Großserie rein elektrisch bauen, so Wellnitz, „dann müsste Audi den halben Weltmarkt an Kobalt leerkaufen.“ Bei VW habe man so eine Rechnung schon mal aufgemacht und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Konzern für seine geplante Produktion von E-Autos rund 130.000 Tonnen Kobalt benötige. Die Weltproduktion lag 2018 jedoch erst bei 140.000 Tonnen.  Die meisten Optionen auf Kobalt aber auch auf weitere Grundstoffe für die Akku-Produktion wie Graphit, Mangan und Lithium befinden sich übrigens bereits in chinesischer Hand, da in China riesige Akkufabriken im Bau sind. Die westlichen Autofabrikanten werden also stark von China abhängig. Für Professor Wellnitz ist daher, trotz aller Hysterie, der langlebige und verlässliche Dieselmotor nach wie vor der derzeit sauberste und umweltfreundlichste Antrieb, wenn er nach dem State of the Art, also modern und emissionsarm produziert wird.

Eine Vergleichsrechnung der Auto-Antriebe in Wattstunden pro Kilogramm zeigt noch Erstaunlicheres. So liefert ein E-Auto-Akku derzeit um die 100 Wattstunden Leistung pro Kilogramm Gewicht. Ein Benzin-Motor bringt es dagegen schon auf 12.000 Wattstunden pro Kilogramm. Und die Zukunftstechnik mit einer Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle schafft gar 33.000 Wattstunden pro Kilogramm Gewicht.

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Schema einer Wasserstoff-Sauerstoff Brennstoffzelle

Daraus ergibt sich logischerweise, dass ein E-Auto mit einer Strom produzierenden Brennstoffzelle die optimale Antriebstechnik ist. Die Emissionen eines solchen  Autos bestehen aus reinem Wasserdampf und den Abrollgeräuschen der Reifen. Der benötigte Wasserstoff wird aus der Elektrolyse von Wasser mit Hilfe von Strom gewonnen, wobei letzterer vermutlich in Zukunft zu 100 Prozent aus Wind-, Sonnen- und Wasserkraft gewonnen wird. Lässt man dann im E-Auto den flüssig gelagerten Wasserstoff mit dem reichlich vorhandenen Luftsauerstoff reagieren, entstehen Strom und Wasser. Der Strom treibt den E-Motor direkt oder über eine Pufferbatterie an, und das Wasser verdunstet über den „Auspuff“. Flüssiger Wasserstoff mit hoher Energiedichte könnte an technisch nachgerüsteten Tankstellen minutenschnell wie Benzin und Diesel bezogen werden. Dadurch würden der kostenträchtige Aufbau von zigtausend Ladestationen, die recht langen Lade-Standzeiten für E-Autos und die großen und teuren Akkus der Wagen entfallen.

Ist das E-Auto also doch die automobile Zukunft? Trotz der Bedenken von Professor Wellnetz glauben viele internationale Verkehrsplanern dennoch fest an die Zukunft der Elektro-Mobilität. Die evolutionäre Entwicklung der Eisenbahn ist dafür ein überzeugendes Beispiel. Der Vortrieb begann mit Kohle, Wasser und Dampf. Es folgte der Diesel-Antrieb. Jetzt rasen elegante Elektro-Züge wie der ICE, TGV und Thalys durch Europa und der Shinkansen durch Japan. Und in China begeistert eine elektrische Magnet-Schwebebahn nach deutschem Vorbild bereits Millionen Fahrgäste. Da sich E-Autos ohne Schienen und Stromleitungen frei bewegen, benötigen diese eingebaute Energiespeicher. Zur Zeit sind schwere und teure Akkus die erste Wahl. Später werden sie von Brennstoffzellen mit leichten Pufferakkus ersetzt werden. Und auf dem Reißbrett gibt es bereits Schnellverkehrsstrassen bei denen unter der Fahrbahndecke Wechselstromleitungen liegen, von denen die über ihnen rollenden E-Mobile per berührungsloser Induktion mit Strom versorgt werden.

Die immer perfektere E-Mobilität ist also nur eine Frage der Zeit, der Kosten und des Interesses von Markt und Politik. Eine faszinierende Perspektive.

Text: Uwe C Schoop

 

 

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am März 9, 2019 von in Autoindustrie, E-Mobilität, Energie, Kraftfahrzeuge, Verkehr.